Wo ist nur das Körberl?

BrotBrot ist ein Grundnahrungsmittel – gleichzeitig aber auch weit mehr als das. In allen Zeiten hat es nicht nur für die Ernährung des Menschen, sondern auch für dessen kulturelle Entwicklung eine bedeutende Rolle gespielt.
Die ersten sesshaften Menschen begannen schon sehr früh, Ackerbau zu betreiben. Für die rasch wachsende Bevölkerung wurde Getreide die natürliche Nahrungsgrundlage, da es auf relativ kleiner Fläche gute Erträge brachte und in fast allen Klimazonen gut kultiviert werden konnte.

Sechs Getreidearten waren es, die seit der Urzeit den Menschen hauptsächlich ernährt haben: Hirse, Hafer, Gerste, Reis, Weizen und ab dem späteren Altertum dann auch der Roggen. Mit der Entdeckung Amerikas kam der indianische Mais dazu. Bis heute sind diese Getreidearten ein wesentlicher Bestandteil der menschlichen Ernährung.

Um die Kornkammern und Getreideanbaugebiete wurden im Laufe der Jahrtausende viele Kriege geführt. Missernten bedeuten bis in die heutige Zeit für die Betroffenen Hunger, Elend und Not. Auf der anderen Seite ist auch der Getreideüberschuss ein großes Problem. Weltpolitische Entscheidungen werden hier stark geprägt.
Die ältesten Zubereitungsarten von Getreide sind der Brei und der Fladen. Viele Menschen in Entwicklungsländern nehmen noch heute Getreide in Breiform zu sich (z.B. Hirsebrei in Afrika).

Vor ca. 2000 Jahren begannen die Ägypter Brot zu backen. Durch Zufall entstand dabei der Sauerteig. Ein liegengelassenes Stück Teig für die Fladenbrotherstellung war in Gärung übergegangen und wurde trotzdem gebacken. Das Gebackene war nicht verdorben, sondern von innen her durch viele kleine Gasbläschen porig aufgelockert und daher besser kaufähig. Von den anderen antiken Völkern wurden die Ägypter damals – wie Hektaios von Milet um 500 v.Chr. berichtet – die „Brotesser“ genannt.

Das Volk Israel lernte im Kontakt mit den Ägyptern das „moderne“ Brot kennen und schätzen. In vielen Bibelstellen wird darüber im Detail berichtet. Über Israel kam die Kunst des Brotbackens nach Europa – zuerst zu den Römern. Anbau und Nutzung des Getreides waren für Rom wesentlich beim Aufstieg zum Weltreich. Eine verfehlte Agrarpolitik trug später entscheidend zum Niedergang des Römischen Reiches bei.

Auf Grund zunehmender Latifundienwirtschaft, die sich auf die profitablere Viehzucht stützte, wurde Rom von den Getreideeinfuhren aus den Ländern Sizilien, Nordafrika und Spanien – den eigentlichen Kornkammern – abhängig. Mit dem Verlust dieser Provinzen versiegte auch die Macht und die Widerstandskraft dieses Weltreiches.
Barbaren fielen in das Römerreich ein und waren aus Mangel an Vieh und Weideflächen gezwungen, sich von der Viehzucht auf Ackerbau umzustellen.

Einige nomadische Völker sträubten sich Jahrhunderte lang gegen Sesshaftigkeit. Die Angst vor dem Hunger und der immer stärker werdende Einfluss des Christentums brachten es fertig, sie zu Landwirten zu machen.

Diese Entwicklung führte in Mitteleuropa zur heutigen Form der Agrarwirtschaft.
Getreidekörner wurden zur Vorratsbildung und als Zahlungsmittel verwendet, dass ist auf seine lange Haltbarkeit zurückzuführen. Vielfach wurden sie auch als Normgewichte eingesetzt. Daraus entstand der Begriff des Karats, das noch heute für Edelmetalle und Diamanten als Gewichtseinheit verwendet wird.
Ein „Karat“ entsprach drei Gersten- oder vier Weizenkörnern. Ein „Gran“ war gleich dem Gewicht eines Gerstenkornes. Getreide war somit das Zahlungsmittel alter Kulturen und hat diese Funktion lange beibehalten.

Noch im Jahre 1500 n.Chr. mussten die Gastwirte im deutschen Raum Getreide als Zahlungsmittel annehmen. In Österreich wurden sogar bis 1848 die Abgaben der leibeigenen Bauern an die Grundherrn in Form eines Zehntels des landwirtschaftlichen Ertrages (Zehent oder Zehnt) geleistet.

Heute können wir aus einer Vielfalt von Brotsorten, aus verschiedensten Getreidearten und Mischungen, in unterschiedlichen Formen und Größen auswählen. Brot ist weit mehr als Grundnahrungsmittel geworden. Die Qualitätsunterschiede sind aber mitunter enorm. Glücklicherweise gibt es zur Zeit viele kleine Bäckereien, welche sich auf alte Rezepte besinnen, gleichzeitig aber besonders innovativ sind und immer wieder mit neuen Variationen überraschen. Dazu wird feinstes Rohmaterial aus regionaler Herkunft verwendet und auf Konservierungsmittel ganz verzichtet. Auch Bäurinnen besinnen sich mehr und mehr auf alte Traditionen und beginnen wieder, hauseigenes Brot zu backen. Und wer einmal das Holzofenbrot der Niederl-Bäurin in Weiz gekostet hat, der versteht auch, warum ich nie mehr zu industriell hergestellten Backwaren greife.

Quelle der historischen Daten: Die Vereinigung der Bäcker, Österreich