Philosophie zum Kochen

Willi Haider ist unseren herzhaft.at Besuchern schon ein Begriff. Ein Meisterkoch der steirischen Küche, mit einer eigenen Kochschule in Kalsdorf. Herzhaft.at möchte mehr über seine Philosophie zum Kochen verraten: Willi Haider definiert es mit einem Satz „Meine einfache, große Küche“. Entdecken Sie mit uns gemeinsam das Geheimnis eines großen Küchemeisters.

So nenne ich gerne meinen Stil bzw. meine Art zu kochen.
Es ist dies das Ergebnis von zwanzig Jahren Küchenerfahrung, die ich fast ausschließlich in der Steiermark und – abgesehen von der Lehre – ohne Küchenchef oder Lehrmeister machen musste.
Bedingt durch diesen, für Köche eher ungewöhnlichen und somit autodidakten Berufsweg, entstand bei mir eine Art zu kochen, die großteils von einer einfachen Zubereitung unserer heimischen Produkte geprägt wird. Seit nun fast zehn Jahren bin ich auf der Suche nach dem Geheimnis der traditionellen Qualität unserer Speisen, und ich glaube das Geheimnis gefunden zu haben.

Wenn man das Kochen näher betrachtet, so bemerkt man einen sehr logischen Aufbau und eine Vielzahl zusammenhängender Naturgesetze, die das Endprodukt bzw. die Speisen beeinflussen können. Ich habe vier große Punkte gefunden, die meiner Ansicht nach ein Essen beeinflussen können, und die sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert haben, wodurch wir wahrscheinlich nicht in der Lage sind, jene Qualität zu erreichen, die es früher bei unseren Großeltern gab.

Da steht am Beginn das Feuer, das früher von Holz beheizten Öfen kam, und eine angenehme sanfte Wärme erzeugte. Heute arbeiten wir vorwiegend mit dem E – Herd, der wohl einfach und sauber zu beheizen ist, aber auch Temperaturen erreicht, die man früher in der Küche nicht kannte. Diese hohen Temperaturen sparen wohl viel Zeit beim Braten und Kochen, vermindern aber die Qualität der Speisen.

Die Zeit zum Kochen ist auch ein weiterer Punkt, denn sie fehlt heute in fast jeder Küche. Dank der Technik schaffen wir alles schneller und in kürzerer Zeit, aber sicher nicht besser. Ich denke da an die saftigen Braten und Hühner oder an langsam siedendes Gulasch. Dafür nahm man sich früher gut 3-4 Stunden Zeit, heute müssen für die selben Speisen 1-2 Stunden genügen, dank unserer Hektik und auf Kosten der Qualität.

Der dritte Punkt ergibt sich aus den ersten beiden. Bedingt durch die knappe Zeit und die technische Ausstattung hat sich auch die Art der Zubereitung verändert. Gab es früher vorwiegend langsam Gebratenes und Gekochtes im großen Stück, so wird heute vielfach aus Zeitgründen alles kurz gebraten und gegrillt. Dabei kann man wohl Zeit sparen aber kaum jene Geschmacksfülle erzielen, die es bei traditionellen Braten gibt.

Der vierte Punkt betrifft die Produkte, und da beginnt meiner Meinung nach eine gewisse Umkehr. Die guten Transport – Kühl- und Lagermöglichkeiten bescherten uns eine Vielzahl von Produkten, von denen man früher nur träumen konnte. Exotische Früchte, Gemüse und Fische, sowie Saisonprodukte sind ständig auf unseren Märkten vorhanden. Alles , was schön und teuer ist wird angeboten. Es brauchte eine Zeit, bis ich dahinter kam, daß schöne und teure Produkte nicht immer gute Produkte sind, und war nun an jenem Punkt angelangt, wo für mich aus dem Geheimnis der traditionellen Qualität Realität wurde.

Ich begann die neuen technischen Möglichkeiten weniger zu nützen, die Temperaturen im Ofen zu senken und die Garungs- bzw. Kochzeiten zu verlängern.

Ich suchte nicht mehr nach optisch schönen, sondern nach geschmackvollen und frischen Produkten meiner Heimat, um sie auf einfache und behutsame Weise zu verarbeiten. Dabei entdeckte ich jene Produkte, um die mich viele Kollegen in Österreich beneidet hatten. Kaum ein Bundesland besitzt eine solche Vielfalt und Qualität an Produkten wie ich sie bei uns in der Steiermark gefunden habe.

Die Almen liefern uns Milch und Milchprodukte von Kühen und Schafen, die Wälder sind reich an Wild, Pilzen und Beeren, unsere sauberen Flüsse und Teiche werden von Forellen, Saiblingen, Hechten, Karpfen und vielen anderen Fischen belebt. Auf den Äckern liegen im Herbst die Kürbisse für unser über die Grenzen hinaus bekanntes Kernöl, und nicht zu vergessen der Weinbau in der Steiermark, der viel dazu beiträgt, unsere südliche, unvergleichlich schöne Landschaft zu erhalten. Und nicht zuletzt sorgt die in den letzten Jahren ständig verbesserte Qualität unserer fruchtigen – frischen Weine für Überraschung bei Kennern und Genießern.

Ich glaube, es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir selbst und auch viele Freunde diese Werte unserer Heimat wieder entdecken und schätzen lernen. Reisende Feinschmecker suchen ständig nach unseren traditionellen Speisen, die leider immer seltener angeboten werden, obwohl die Produkte dafür reichlich und in bester Qualität vorhanden sind.

Der größte Fortschritt für die Esskultur in unserem Land wäre, einige Schritte zurück in die Vergangenheit zu machen und wieder eine Küche mit weniger Technik, dafür mit mehr Herz anzubieten.

Dann wird die Steiermark abseits von Technik und Massentourismus als Herz Europas die alten Traditionen und damit verbundenen Brauchtümer weiterleben lassen.

Willi Haider
Erste Steirische Kochschule, Kalsdorf